37 Grad, stehende Luft und höherschlagende Herzen: Das Zürich Open Air (ZOA) lockte etliche Musikbegeisterte an. Dabei erschien es nur logisch, dass ein Festival in der Schweiz auch eine Band aus eben diesem Land eröffnen musste: Wintershome.

„Es war zu heiß“, sagt Maria, Leadsängerin der Folk-Band Wintershome, lachend. „Aber“, fügt sie augenzwinkernd an, „was macht man nicht alles für die Musik, gell?“ Die Gruppe aus Zermatt stand als allererstes auf der ZOA-Bühne, hatte einige brandneue Songs am Start und wusste das Publikum von Sekunde eins an mitzureißen.

„Mega-Erlebnis“: Folk-Band Wintershome eröffnet Zürich Open Air 2023

„Dass wir eröffnen durften, war ein Mega-Erlebnis. Wir haben uns den ganzen Sommer auf das Festival gefreut. Gleichzeitig war es bestimmt auch nicht so einfach, weil es an einem Dienstag stattfand und viele um die Uhrzeit, zu der wir auftraten (16 Uhr, Anm.d.Red.), noch arbeiteten“, sagt Maria im Interview mit mir. Nichtsdestotrotz fanden einige Hundert Menschen am späten Nachmittag den Weg zu der fünfköpfigen Band. Es sei „natürlich speziell“ gewesen, schließlich war es in Zeiten der Coronavirus-Pandemie ein weniger ruhiger um die Band. „Die Zeit war wirklich wie eine dicke Faust, die uns geschlagen hat“, erinnert sie sich. „Damals haben wir auch kurz mal gedacht: ‚Hören wir jetzt auf?‘ In Zürich gab es einen Moment, in dem wir dachten: ‚Zum Glück haben wir weitergemacht.‘“

Begonnen in einem „ganz kleinen Raum, in den knapp das Schlagzeug reingepasst hat“, startete Wintershome – damals noch zu sechst, Schlagzeugerin Rebecca stieg 2022 aus – durch und begann eigene Songs zu schreiben. Maria, Martial, Pirmin, Romaine und Joel sind miteinander verwandt, kennen sich seit der Kindheit. 2018 erschien das Debütalbum Around You I Found You, produziert von Ryan Hadlock im Bear Creek Studio in Seattle.  Der Kontakt mit dem Produzenten, der unter anderem mit Künstlern wie The Lumineers, Vance Joy, Lionel Richie, Eric Clapton oder den Foo Fighters arbeitete, entstand über die Managerin der Band.

„Er hat sich vor dem ersten Album die Zeit genommen und ist für drei Tage von Seattle nach Zermatt gekommen. Wir dachten, wir werden drei Tage mit ihm Musik machen. Aber er kam und dann mussten wir ihm alle Songs vorspielen, die wir hatten. Anschließend sagte er: ‚Okay, das reicht. Jetzt gehen wir alle zusammen in die Natur.‘ Also haben wir nicht mehr Musik mit ihm gemacht, sondern nur geredet, sodass wir auch ihn als Person kennenlernten und er uns“, erinnert sich Maria im Interview. Es folgten Konzerte – auch in Deutschland. Doch Corona bremste die Band aus. „Wir konnten nichts machen, es gab keine Konzerte, es war still. Und dadurch hat man ein bisschen die Motivation verloren“, beschreibt Maria die Situation.

Wintershome veröffentlicht zweites Album im September

Ein Konzert im August 2022 sei jedoch „eine Art Startschuss“ für ein weiteres Album gewesen. „Wir wussten, dass jeder von uns so ein bisschen eigene Songs für sich in der Corona-Zeit geschrieben hatte.“ Die Band traf sich also, spielte sich gegenseitig vor, was entstanden war. Monate später stand Wintershome wieder gemeinsam mit Ryan Hadlock im Studio – nur dieses Mal in Amsterdam. „Es war dort genau das gleiche Gefühl wie 2017 in Seattle. Man kannte einander und wir als Band waren auch schon ein bisschen fortgeschrittener. Wir haben das Album dort in zwei  Wochen aufgenommen. Es war sehr produktiv. Und die Harmonie mit Ryan hat gestimmt, weil wir ihn schon kannten.“ Entstanden ist Below Zero. Das Album wird am 22. September 2023 erscheinen.

Jeder einzelne Song darauf sei „wirklich ein Wintershome-Song“, betont Maria im Gespräch mit mir und erklärt, wie das Songwriting abläuft. „Jemand hat eine Text- oder Melodien-Idee und dann packt jeder etwas von seinem Stil oder seinen Ideen mit hinein und am Schluss ist der Song dann wirklich ein Wintershome-Song.“ Sie hebt dabei insbesondere die stimmlichen Harmonien hervor – das Markenzeichen der Band, das auch in Zürich beeindruckend zur Geltung kam. Dort performten die fünf Bandmitglieder unter anderem die bereits veröffentlichten Singles Letters und Mona Lisa. „Die Songs geben uns jetzt schon so viel“, sagte Maria in Anspielung auf das gesamte Album. Das Publikum gebe viel zurück. „Das gibt uns die Motivation weiterzumachen und noch mehr und noch besser zu schreiben“, so Maria.

Artikel: Michelle Brey

Fotos: Wintershome/Michelle Brey