Knapp fünf Jahre nach ihrem ersten Album meldet sich die Schweizer Folk-Band Wintershome zurück. Auf drei bereits veröffentlichte Singles folgt am 22. September das zweite Album Below Zero. Auf dem Zürich Open Air performte die Band bereits einige ihrer neuen Songs. Im Interview sprach ich mit Leadsängerin Maria über die neue Musik, die Entstehungsgeschichte des Albums und die Inspiration dahinter.
Maria, Wintershome war die erste Band auf dem Zürich Open Air, die aufgetreten ist. Wie war es für euch, dieses Riesen-Event zu eröffnen?
Es war natürlich riesig für uns – schon als wir erfahren haben, dass wir dort spielen dürfen. Es ist ein Festival in der Schweiz, das für eine Band eine große Sache ist. Dass wir das eröffnen durften, war ein Mega-Erlebnis. Wir haben uns den ganzen Sommer auf das Festival gefreut. Gleichzeitig war es bestimmt auch nicht so einfach, weil es an einem Dienstag stattfand und viele um die Uhrzeit, zu der wir auftraten (16 Uhr, Anm.d.Red), noch arbeiteten. Dafür waren wir aber sehr erstaunt, wie viele Menschen letztlich da waren, die wir auch mit unserer Musik gepackt haben. Natürlich war es auch speziell, weil es in der Corona-Zeit ein bisschen ruhiger bei uns war – wie bei vielen anderen auch. Damals haben wir auch kurz mal gedacht: ‚Hören wir jetzt auf?‘ In Zürich gab es einen Moment, in dem wir dachten: ‚Zum Glück haben wir weitergemacht.‘ Es war wirklich eine tolle Erfahrung am Zürich Open Air.
Du hast eben die Coronavirus-Pandemie angesprochen. Wie sehr hat diese Zeit eurer Band zugesetzt?
Besonders in der Musikbranche, in der du immer mit vielen Leuten zu tun hast, war es, glaube ich, wirklich eine der schwierigsten Zeiten. Hinzukommt: Wir sind zu sechst in der Band. Und zeitweise war es ja auch nicht erlaubt, dass sechs Menschen in einem Raum zusammen sind. Darum war es für uns wirklich brutal in der Musikszene. Wir konnten nichts machen, es gab keine Konzerte, alles war still. Und dadurch hat man ein bisschen die Motivation verloren. Die Zeit war wirklich wie eine dicke Faust, die uns geschlagen hat. Aber wir sind froh, dass wir uns wieder gefunden haben. Das ist ein Riesen-Glück. Aber es war keine einfache Zeit für die Band.
Folk-Band Wintershome im Interview: Maria gibt Einblicke in das neue Album
In das Jahr 2023 seid ihr mit zwei neuen Singles gestartet: Mona Lisa und Letters. Beide werden auch auf eurem neuen Album „Below Zero“ erscheinen. Um was geht es in den Songs?
Für das neue Album kam von jedem Bandmitglied ein Song, eine Idee – und daran haben wir dann alle gemeinsam gearbeitet. Letters war die erste Single, die wir veröffentlicht haben. Es geht darum, jemanden zu kontaktieren – doch es kommt nie etwas zurück. Und da kann man Corona auch ein wenig einbeziehen: Man wollte den Kontakt zur Außenwelt, aber es kam nichts. Es geht darum, dass man daran ein wenig verzweifelt und damit kämpft. Das wurde in die Geschichte eines Briefes umgestaltet: Man schreibt jemandem tausende Briefe, aber es kommt nichts zurück. Eigentlich eine einfache Geschichte, aber ich glaube eine, in die viele ihre eigene Geschichte hineininterpretieren können.
Und Mona Lisa?
Mona Lisa hat mein Bruder geschrieben. Es geht darin nicht hauptsächlich um das berühmte Bild der Mona Lisa. Es geht eher darum, dass jemand versucht, genauso perfekt zu sein, wie die Mona Lisa. Dass man sich so gut präsentieren will, wie das Original.
Am 22. September erscheint “Below Zero”. Wie lange hat es gedauert, euer zweites Album zu schreiben?
Letztes Jahr im August hatten wir ein Konzert. Und dieses Konzert war so eine Art Startschuss: ‚Hey, wir machen jetzt ein Album.‘ Wir wussten, dass jeder von uns so ein bisschen Songs für sich in der Corona-Zeit geschrieben hatte. Im September haben wir uns getroffen und jeder hat einen Song präsentiert. Im Oktober, November und Dezember haben wir intensiv an den Songs gearbeitet. Und im Januar sind wir dann nach Amsterdam ins Studio.
Also ist es bei euch nicht so, dass eine Person alleine für das Songwriting zuständig ist, sondern ihr packt von jedem Bandmitglied etwas hinein?
Jeder Song ist wirklich ein Wintershome-Song. Ich glaube, das macht uns auch aus: Jemand hat eine Text- oder Melodien-Idee und dann packt jeder etwas von seinem Stil oder seinen Ideen mithinein und am Schluss ist der Song dann wirklich ein Wintershome-Song. Ich finde, das hört man auch auf dem neuen Album. Vor allem mit den stimmlichen Harmonien, die unser Kennzeichen, unser Markenzeichen sind, und die alle Songs ähnlich verbinden.
Wintershome: “Below Zero hat zwei Bedeutungen”
Für das erste Album dienten die Berge, der Winter, die Natur allgemein als Inspiration. Wie sieht das bei “Below Zero” aus?
Below Zero hat zwei Bedeutungen. Zum einen liegt Amsterdam, wo wir das Album aufgenommen haben, unter „null“ – also dem Meeresspiegel. Und in Amsterdam haben wir uns auch sehr viel Inspiration für das Album geholt.
Inwiefern?
Jedes Mal, wenn wir zum Beispiel zum Studio gelaufen sind – das hat zehn Minuten gedauert – haben wir viel über das Album gesprochen, darüber, was es uns bedeutet. Zum Beispiel das Logo, das man auf dem Album sehen wird, ist in Amsterdam entstanden. Dort ist sehr viel entstanden, das wird man dann auch sehen können.
Und neben Amsterdam als Inspiration?
Mit Below Zero ist auch die Kälte des Winters gemeint. Wir packen da wirklich so ein bisschen beides in den Titel hinein. Ich glaube, wir sind auch in diesem Album noch verbunden mit der Natur. Die ganzen Proben für das zweite Album haben in einer Hütte auf einem Berg stattgefunden. Die Natur ist sowieso immer irgendwo eine Inspiration für uns.
Was erwartet ihr euch von dem Album?
Viele Zuhörer (lacht). Wir wünschen uns, dass es gut ankommt und wir die Leute erreichen können. Dass sie die Songs auf und ab hören. Und wir fühlen jetzt schon, dass es uns die Motivation gibt, weiterzumachen. Die Songs geben uns jetzt schon so viel. Wir haben schon einige Konzerte gespielt, mit allen Songs vom neuen Album und das Publikum gibt uns viel zurück und wir merken das. Das gibt uns die Motivation weiterzumachen und noch mehr und noch besser zu schreiben.
Wintershome über die Zusammenarbeit mit Produzent Ryan Hadlock
Produziert wurde sowohl das erste als auch das zweite Album von Ryan Hadlock. Wie ist der Kontakt entstanden?
Hauptsächlich durch unsere Managerin. Sie kannte ihn schon zuvor und hat ihn einfach einmal kontaktiert. So hat sich das ergeben, dass er uns interessant fand. Und wir fanden es natürlich auch extrem interessant, mit ihm zu produzieren.
Wie ist es mit ihm zusammenzuarbeiten?
Das war eine ganz spezielle, tolle Zeit. Er hat sich vor dem ersten Album die Zeit genommen und ist für drei Tage von Seattle nach Zermatt gekommen. Wir dachten, wir werden drei Tage mit ihm Musik machen. Aber er kam und dann mussten wir ihm alle Songs vorspielen, die wir hatten. Anschließend sagte er: ‚Okay, das reicht. Jetzt gehen wir alle zusammen in die Natur.‘ Also haben wir nicht mehr Musik mit ihm gemacht, sondern nur geredet, sodass wir auch ihn als Person kennenlernten und er uns. Das war eine sehr gute Stimmung. Das erste Album war eine super Arbeit in Seattle mit ihm und für das zweite Album hatten wir die Chance in Amsterdam mit ihm zu arbeiten. Es war dort genau das gleiche Gefühl wie 2017 in Seattle. Man kannte einander und wir als Band waren auch schon ein bisschen fortgeschrittener. Wir haben viel gelernt in den letzten Jahren – und das merkt man. Es war eine bisschen professionellere Arbeit auch von uns.
Wie lange wart ihr in Amsterdam?
Wir haben das Album dort in zwei Wochen aufgenommen. Es war sehr produktiv. Und die Harmonie mit Ryan hat gestimmt, weil wir ihn schon kannten.
Gehen wir noch einmal einige Jahre zurück. Alle Bandmitglieder sind in Zermatt aufgewachsen und sind auch miteinander verwandt. Hat sich das in der Jugend schon herauskristallisiert, dass ihr gemeinsam Musik machen wollt?
Musik war schon immer ein großes Element bei uns. Unser Onkel kam dann mal zu uns und hat gesagt: ‚Macht doch eure eigene Band.‘ Wir haben immer gecovert. Wir haben uns dann, ich glaube, das war 2012, gedacht: ‚Hey, wir könnten es ja mal probieren.‘ Dann hatten wir einen ganz kleinen Raum, in den knapp das Schlagzeug hineingepasst hat. Wir haben begonnen zu schreiben und gemerkt, dass das vielleicht wirklich etwas werden könnte. Alles hat sich sehr schnell ergeben.
Interview: Michelle Brey
Foto: Wintershome