Mit Songs wie Wishing You Well oder In Your Arms feierten sie Riesen-Erfolge. Nun ist Stanfour nach langer Zeit mit neuer Musik zurück. Was sind die Pläne der Band, deren Wurzeln auf der Insel Föhr liegen? Online aus Hamburg und Los Angeles zugeschaltet, hatte ich die Möglichkeit, mit zwei von ihnen zu sprechen. Das Interview mit Gitarrist Christian Lidsba und Sänger Konstantin Rethwish in voller Länge.
Christian und Konstantin, von Stanfour gab es acht Jahre lang keine neue Musik. Jetzt seid ihr mit einer neuen Single zurück. Wann habt ihr den Song Guide Me Home geschrieben?
Konstantin: Wir haben tatsächlich schon ungefähr vor einem Dreivierteljahr den Entschluss gefasst: ‘Jetzt geht’s los, wir nehmen neue Stücke auf und fangen an zu schreiben’. Ich glaube, im Herbst letzten Jahres ging’s los. Guide Me Home haben wir aber tatsächlich Mitte Januar, also Anfang des Jahres, geschrieben. Der Song war also ganz frisch, als wir ihn jetzt veröffentlicht haben. Das ist einer der letzten Songs, den wir geschrieben haben.
Könnt ihr verraten, wie viele neue Songs jetzt schon existieren?
Christian: Man ist irgendwie ständig im Prozess. Tatsächlich gibt es schon – in unterschiedlichen Stadien – sieben, acht, neun Songs, die relativ weit sind, an denen wir aber natürlich immer noch so ein bisschen dran drehen, dran schrauben. Und es ist ja auch häufig so: Das, was man zuletzt gemacht hat, findet man am besten. Wir wollen auf jeden Fall dieses Jahr noch ein paar Songs rausbringen. Wann und wie viele, das gucken wir mal.
Acht Jahre sind schon eine sehr, sehr lange Zeit. Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass ihr einen Cut gemacht und dann gar keine neue Musik mehr geschrieben habt. Seid ihr in der Zeit dennoch tätig in Bezug auf das Songwriting oder Ähnlichem gewesen?
Konstantin: Wir haben im Prinzip acht Jahre lang keine neue Musik veröffentlicht. Die Zeit, in der wir nicht auf der Bühne standen, ist ein bisschen kürzer. Das letzte Konzert war in der Corona-Zeit. Es war keine Pause, bei der wir im Vorhinein gesagt haben: ‘Jetzt machen wir acht Jahre Pause mit dem Veröffentlichen von Musik’. Die Pause ist dann einfach so ein bisschen entstanden, weil wir alle sehr in unsere Familienplanung involviert waren und Kinder bekommen haben. Da gab es einfach sehr viel zu tun.
Christian: Wir haben auch alle keine Pause von der Musik an sich gemacht. Wir haben sozusagen – jeder für sich – in unterschiedlichen Konstellationen trotzdem weiter Musik gemacht. Nur für das Mutterschiff Stanfour haben wir keine neuen Songs geschrieben und rausgebracht. Jeder von uns war da irgendwie mit seinen eigenen Projekten beschäftigt. Gleichzeitig darf man auch nie vergessen: Vor diesen acht Jahren haben wir auch fast zwölf Jahre durchweg für die Band gearbeitet und uns fast häufiger gesehen als die Familie oder andere Freunde. Und dann war einfach mal so ein Moment für Luft.
Kürzlich habt ihr in einem Interview gesagt, dass ihr ‘voller Feuer’ seid. Eben habt ihr schon angesprochen, dass noch einige Songs veröffentlicht werden. Worauf können sich die Fans noch freuen: Ist ein Album geplant, vielleicht eine Tour?
Konstantin: Ja, ich glaube, all das ist geplant – in verschiedensten Stadien. Wir kommen aus einer Zeit, in der man physikalische Alben verkauft hat. Man hat ein Album gemacht und vielleicht ein, zwei Songs vorab releast. Und inzwischen ist es so, dass wir ohne großen Aufwand Songs releasen können. Das ist schön und kommt uns auch entgegen. Und das ist auch etwas, das wir gerne machen wollen: konstant Songs rausbringen. Ich glaube dennoch, dass wir auch immer noch eine Album-Band sind und immer noch gerne ein Album machen wollen. Wir haben noch nicht genauer geplant, wann es rauskommen soll.
Interview mit Stanfour: Band spricht über einen Song aus vergangenen Zeiten
Konstantin, du hast eben angesprochen, dass die Musikbranche sich ein bisschen verändert hat. Würdet ihr sagen, dass sich euer Musikstil über die Jahre auch ein wenig verändert hat?
Christian: Man ist immer auch so ein bisschen geprägt von dem, was drumherum so an Musik passiert. Als Pop-Band nimmt man eben auch so ein bisschen den Zeitgeist mit auf. Man hört viel Musik, man hört viel, was gerade drumherum so passiert. Besonders Produktionsprozesse haben sich total geändert. Früher, vor zehn Jahren, musstest du noch ein Studio mieten. Viele Acts heute, die in den Charts sind, sitzen zu Hause auf sieben Quadratmetern vor dem Laptop und haben krasse Songs fertig. Ich denke, da ist es ganz automatisch, dass sich ein Sound ein wenig verändert. Aber unser musikalischer Kern mit dem Fokus auf Melodien, Melancholie und vielleicht auch eine gewisse “Weite” ist für uns zumindest immer da, unabhängig vom Soundgewand. Wir haben da so ein bisschen auch das Meer – sowohl in Los Angeles als auch auf Föhr –, das uns schon immer begleitet. Auch das spiegelt sich so ein bisschen in unserer Musik wider.
Wie kann man sich den Songwriting-Prozess bei euch vorstellen: Seht ihr euch oft oder läuft das viel über online?
Konstantin: Es läuft natürlich viel auch über online, oder ganz normal übers Telefon. Wir haben selten so viel telefoniert wie in den letzten Monaten. Aber das haben wir früher auch gemacht. Und das Schöne ist eigentlich, dass wir seit dem Start der Band ein Studio auf Föhr haben, was auch unsere Basis war. Das ist auch heute immer noch ein Zuhause für uns. Da treffen wir uns, können arbeiten, Musik machen, produzieren, schreiben – aber auch generell einfach Zeit verbringen. Das machen wir schon auch noch immer häufig, obwohl wir jetzt die neuen Sachen viel in Hamburg in den Boogie Park Studios aufgenommen haben.
In so einem Songwriting-Prozess entstehen wahrscheinlich mehr Songs, als letztlich auf ein Album passen. Gibt es noch Songs von früher, die vielleicht jetzt auch nochmal eine Rolle für ein neues Album spielen?
Konstantin: Es gibt auf jeden Fall einen Song. Und das ist eigentlich eine total lustige Geschichte. Der Titel des Songs wurde damals der Titel des Albums Rise & Fall. Und aus irgendwelchen Gründen haben wir den Song nicht fertig bekommen und haben ihn nicht releast. Er liegt immer noch herum und wartet darauf, veröffentlicht zu werden. Da bin ich gespannt, ob wir irgendwann einen Moment finden, um ihn auch rauszubringen.
Christian: Aber da sprichst du eigentlich etwas total Gutes an. Ich habe ja vorhin gesagt, häufig findet man das, was man zuletzt gemacht hat, gut. Aber man muss sich eigentlich so ein bisschen dazu zwingen, immer wieder die alten Festplatten zu durchwühlen und wirklich immer mal zu gucken, was da noch so herumliegt und Ideen vielleicht auch nochmal eine zweite Chance geben. Manchmal ist es so, dass man irgendwie bei 30 Prozent stehen bleibt. Dann hat man vielleicht einen tollen Anfang gehabt. Wenn man nach einer langen Zeit ganz frisch rangeht, hat man vielleicht eine tolle Idee, wie man das ganze fortführen kann. Das müsste man eigentlich so Band-Hausaufgaben-mäßig regelmäßig machen: auf alten Festplatten wühlen.
Wie läuft bei euch das Songwriting so ab: Gibt es jemanden, der für die Lyrics zuständig ist, für die Melodie oder passiert das zufällig, wie es gerade kommt?
Konstantin: Eigentlich Letzteres.
Christian: Wobei man natürlich schon sagen muss, dass gerade die Melodien – liegt ja wahrscheinlich ein bisschen in der Natur der Sache – viel von Konstantin als Sänger kommen, weil er sie eben auch singt. Wir schreiben aber auch gerne mit anderen Leuten zusammen, haben da ein Team in Hamburg in den Boogie Park Studios. Das ist oft ein schönes Teamwork, wo jeder seinen Teil dazu beisteuert.
Stanfour im Interview über die Entstehung ihres Bandnamens
Blicken wir nochmal kurz in die Vergangenheit. Die Band ist so ein bisschen auch in den USA entstanden, oder? Wie lief das damals ab?
Konstantin: Die Band ist eigentlich auf Föhr entstanden. Wir haben uns kennengelernt in Hamburg. Ich glaube, was du wahrscheinlich meinst, hat etwas mit dem Namen zu tun. Mit dem Starbucks-Becher. Es gab diese ominöse Geschichte – die übrigens wir gestreut haben (lacht). Im Prinzip haben wir uns über einen gemeinsamen Freund kennengelernt, der jetzt auch auf Föhr wohnt. Was wir musikalisch gut fanden, hat viel mit Amerika, viel mit amerikanischer/englischer Musik zu tun gehabt.
Wollt ihr nochmal auf die ominöse Geschichte des Bandnamens eingehen?
Christian: Die Wahrheit ist eigentlich relativ langweilig und banal, deswegen haben wir sie wahrscheinlich nie erzählt (lacht). Es ist tatsächlich so, irgendwann brauchst du als Band ja einen Namen und Konstantin wurde eben in Amerika immer ‘Stan’ genannt. Und das war dann ein bisschen der Anschub. Zusätzlich waren wir in der Gründungsphase damals noch zu viert. Somit wurde es dann Stanfour. Und dabei ist es schließlich geblieben.
Ihr wart damals ziemlich schnell ziemlich erfolgreich und schließlich auch mit den Backstreet Boys auf Tour. Woran erinnert ihr euch am liebsten?
Konstantin: Tatsächlich gibt es viele Erinnerungen und verschiedenste Geschichten, die wir erlebt haben. Aber so generell, wenn ich zurückdenke, war das einfach eine tolle Tour und die Jungs von den Backstreet Boys waren mehr als nett. Das war für uns eine total gute Erfahrung. Das Publikum war auch total offen und nett. Als Supportband, oder wenn man generell vor jemandem spielt oder eröffnet, ist es immer schwierig. Man weiß nie genau: Wie reagiert das Publikum? Es kann sein, dass keiner einen Mucks gibt. Es kann sein, dass Bierflaschen fliegen. Aber da war das Publikum wirklich sehr, sehr offen. Wir hatten sehr viel Spaß. Für uns war es durchweg eine gute und positive Erfahrung.
Gibt es einen Sänger oder Songwriter, mit dem ihr in Zukunft gerne einmal zusammenarbeiten würdet?
Konstantin: Ich glaube, wir können mit vielen Musikern zusammenarbeiten. Ob es dann gut ist und Spaß macht, sieht man dann, wenn man zusammen in einem Raum sitzt und Musik zusammen macht. Aber generell können wir uns das durchaus mit verschiedenen Leuten vorstellen. Wir haben ja in der Vergangenheit auch immer beim Songwriting mit verschiedenen Leuten zusammengearbeitet. Also im Prinzip sind wir relativ offen. Und jetzt schauen wir mal, was noch so kommt.
Interview: Michelle Brey
Foto: Jan Season