Bei den European Championships lieferte das Quartett aus Laura Lindemann, Nina Eim, Valentin Wernz und Simon Henseleit ab. In der Triathlon-Mixed-Staffel holte sich das Team die Silbermedaille. Nervosität sei vorab schon da gewesen, sagte Simon Henseleit im Interview. Schließlich war es sein erstes EM-Rennen bei der Elite. Im Interview ließ der 22-Jährige das gesamte Rennen noch einmal Revue passieren – und blickte auch in die Zukunft.
Simon, wie hast du den Zieleinlauf eurer letzten Frau Laura Lindemann wahrgenommen, als klar war, ihr gewinnt Silber?
Diese Atmosphäre war ziemlich einmalig, das habe ich davor noch nicht erlebt. Auch viele Athleten, die zuvor bei Olympia gewesen sind, sowie die Coaches und Betreuer, haben alle gesagt, dass es was ganz Besonderes war. Und so habe ich es eigentlich auch wahrgenommen. Es war unglaublich viel los und es war mega laut. In dem Moment, als Laura auf uns zulief, war ich voller Freude und hatte Gänsehaut pur. Also einfach nur mega gut.
Wie legt ihr die Startreihenfolge für ein Rennen fest? Welche Komponenten spielen hierbei eine Rolle?
Es gibt die Neuerung für den nächsten Olympia-Zyklus, dass die Frauen an Position zwei und vier starten. Das war davor andersrum. Das ist eigentlich eine ganz coole Sache, da wird einfach mal durch gewechselt und das ist für die nächsten drei Jahre gültig. Da das Einzelrennen der Männer weniger als 24 Stunden vor dem Staffelrennen war und das ein ziemlich intensives Rennen war, hat der Verband bestimmt, dass sie gerne zwei frische Athleten für das Staffelrennen hätten. Das waren dann Valentin Wernz und ich. Bei den Frauen sind zurzeit eigentlich Nina Eim und Laura Lindemann die stärksten zwei Frauen im deutschen Team und sie sind auch sehr gut auf diese Kurzdistanz. Deswegen war im Vorhinein schon klar, dass die beiden Mädels an den Start dürfen. Da die beiden im Einzel die Plätze zwei und vier belegt haben, gab es auch keine Diskussion mit den anderen Mädels. Dann haben wir uns im Vorfeld schon mal Gedanken gemacht, wer Vorlieben für welche Position hat.
Wie unterscheiden sich die vier Positionen voneinander?
Das Anforderungsprofil für die erste Position ist ein schnelles Anschwimmen, damit man in dem Massenstart vorne dabei ist. Das Radfahren ist da eigentlich noch nicht so entscheidend, was dieses Mal zwar anders war, aber normalerweise fährt man am Anfang noch in einer größeren Gruppe. Meistens wird es dann ein sehr schneller Lauf hinten raus. Position zwei ist mittlerweile eigentlich ähnlich zu Position vier. Da ist es gut, wenn die Athletin noch mal schnell losschwimmen kann, um eine eventuelle Lücke gleich im Wasser zu schließen, wenn beim ersten Mann im Laufen hinten raus ein paar Sekunden zur Spitze fehlen. Etwas, das Position vier von zwei unterscheidet, ist allerdings der Schlusssprint – falls es im Sprint um Medaillen oder Plätze geht. Da Nina und Laura darin sehr ausgeglichen sind, ging es eher darum, wer sich auf welcher Position wohler fühlt. Deshalb haben wir entschieden, dass Laura auf Position vier startet, weil sie das schön öfter gemacht hat. Bei uns Jungs war es eigentlich relativ klar, weil ich eine Radstärke habe, die man an Position drei besser ausspielen kann. Außerdem bin ich ein Athlet, der keine anderen braucht, um mich an meine obere Grenze zu pushen. Deswegen haben wir die Aufstellung so gewählt.
Triathlon-Mixed-Staffel um Simon Henseleit holt Silber bei den European Championships
Ich kann mir vorstellen, dass die Anspannung vor so einem Wettkampf sehr hoch ist. Wie war die Stimmung im Team vor dem Rennen? Wart ihr nervös?
Also Nervosität war schon ein bisschen da. Wir hatten am Renntag noch ein Team-Meeting mit allen Athleten, Betreuern und Coaches, bei dem wir über die Aufstellung diskutiert haben. Dort haben wir eine Einschätzung von unserem wissenschaftlichen Team, mit Zahlen und Fakten zu den anderen Teams, erhalten. Außerdem haben wir besprochen, worauf wir achten müssen, was ungefähr möglich wäre, auf welche Athleten wir in welcher Situation aufpassen müssen und was ihre Stärken sind. Aus dem Meeting sind wir mit Hoffnung auf eine Medaille herausgegangen. Also waren wir alle schon angespannt und wollten dann natürlich für das Team performen. Für mich persönlich war es der erste Staffel-Einsatz bei der Elite, da war ich also noch einmal extra nervöser. Meine Teamkollegen haben mir aber ein gutes Gefühl gegeben. Es war echt eine gute Stimmung vorher.
Wie war die Atmosphäre während des Rennens?
Kurz sind wir dann schon ein bisschen nervös geworden, als unser erster Mann beim Radfahren distanziert wurde und dann doch mit einem etwas größeren Abstand übergeben hat, als wir erwartet haben. Unsere erste Frau hat dann aber gut aufgeholt. Ich wusste, dass ich nicht ganz vorne ins Rennen gehe, aber in Schlagdistanz bin. Bis zum zweiten Platz war noch alles möglich. Die Zuschauer waren wirklich krass, es war total laut. Ich war noch nie bei so einem Rennen, bei dem so viele Zuschauer waren, die so eine gute Stimmung gemacht haben. Vor allem als wir als Deutsches Team in das Stadion eingelaufen sind. Während dem Rennen bekomme ich teilweise nicht mehr so viel von außen mit, aber dieses Mal war es einfach eine Dauerbeschallung. Teilweise schon fast so laut, dass man gar nicht mehr einschätzen konnte, wo sich der Konkurrent hinter einem aufhält.
Triathlet Simon Henseleit: So sieht ein Trainingstag bei dem 22-Jährigen aus
Du bist im Vorfeld der European Championships zwei Jahre auf deinem Weg zu dem Multisportevent begleitet worden und warst Teil der „Class of 22“. Wie war das für dich?
Es war mega interessant. Die Leute waren alle super nett und es herrschte immer eine gute Kommunikation. Vor allem als Triathlet ist es schwierig Medientermine mit dem Training zu vereinbaren, da wir sehr viel trainieren. Wir als Athleten und unser Training standen aber immer im Vordergrund. Auch wenn Einheiten medial begleitet wurde, war mein Training nicht eingeschränkt. Es war eine coole Möglichkeit sich zu präsentieren und durch die Interviews habe ich medial einiges dazugelernt.
Du hast eben angesprochen, dass du als Triathlet sehr viel trainierst. Wie kann man sich einen Trainingstag von dir vorstellen?
Dadurch, dass wir drei verschiedene Sportarten machen, ist man schon immer gut beschäftigt. Wir trainieren jeden Tag zwei bis dreimal. Manchmal kommt dann noch Athletik oder Krafttraining dazu. Ein typischer Trainingstag, wie zum Beispiel heute, sieht folgendermaßen aus: In der Früh habe ich mich mit ein paar Kumpels getroffen, die waren eine Stunde laufen, während ich Stabilisationstraining gemacht habe, weil ich heute Laufpause hatte. Danach sind wir im Freibad fünf Kilometer mit Intervallen geschwommen. Heute war ein eher härteres Schwimm-Training auf dem Plan. Gerade war Mittagessen, danach habe ich kurz genappt (Anm.d.R. kurzer Mittagsschlaf). Und jetzt geht es um 15:45 Uhr für zweieinhalb Stunden mit ein paar längeren Intervallen auf das Rad. Aber noch nicht zu hochintensiv, weil der Wettkampf vom Wochenende schon noch präsent ist. Das heißt jetzt erst mal ein paar längere Einheiten mit mittlerer Intensität, damit man wieder eine Grundlage bekommt. Morgen geht es dann ähnlich weiter. 80 Prozent der Trainings in den Einheiten absolviert man eigentlich ganz ruhig. Weil man einfach so ein hohes Niveau hat, ist man dann schon schnell unterwegs, aber es ist jetzt eher nicht so anstrengend. Mein Puls ist bei circa 120 Schlägen pro Minute. Natürlich hat man dann auch einige schnelle Einheiten in der Woche, die dann schon weh tun. Ab und zu muss man sich eben ausbelasten, damit man sich weiterentwickelt. Die meiste Zeit im Training können wir uns aber alle gut miteinander unterhalten, sodass es wirklich Spaß macht.
Wie viele Kilometer legst du in einer typischen Trainingswoche zurück?
Im Schwimmen haben wir ungefähr 25 Kilometer die Woche, Radfahren im Schnitt 300 Kilometer und beim Laufen circa 60 Kilometer. Da habe ich dann aber auch Phasen, in welchen ich 90 Kilometer laufe. In Wettkampfwochen sind es dann wiederum eher 40 Kilometer. Von der Stundenanzahl variiert das ziemlich. In einer normalen Durchschnittswoche 25 Stunden. Im Trainingslager kommen wir maximal auf 35 Stunden.
Triathlet Simon Henseleit: “Langfristig ist das Ziel, sich in den nächsten Jahren für Olympia zu qualifizieren”
Bei den European Championships hast Du mit dem Team Silber geholt. Wie sehen Deine Ziele für die Zukunft aus?
Dieses Jahr lief echt schon mega gut. Vom Gefühl her hatte ich bisher eine sehr gute Saison, deswegen muss ich mal schauen, was ich dieses Jahr noch mache. Es stehen aber noch ein paar Weltcups an, die gerade wichtig sind, um in der Weltrangliste weiter nach vorne zu kommen. Ich bin da aktuell in den Top 60, aber um konstant im höchsten Level bei den Rennen starten zu können, müsste ich in die Top 5 der Deutschen kommen. Die Top 5 der Deutschen sind aktuell in den Top 30 der Welt. Das Niveau ist auch einfach sehr hoch bei den deutschen Athleten. Langfristig ist das Ziel, sich in den nächsten Jahren für Olympia zu qualifizieren. Ich möchte auch weiterhin bei Meisterschaften wie den European Championships teilzunehmen. Dann kann man natürlich auch mal schauen, ob man eine Mitteldistanz, also einen halben Ironman, miteinbaut. Das habe ich letztes Jahr mal gemacht, das war eigentlich ganz cool.
Interview: Lina Lässer und Michelle Brey
Foto: Simon Henseleit privat