Sie sind die Stimmen hinter den Mikrofonen des Löwen-Radios: Gilbert Kalb und Ex-Fußballprofi Jan Mauersberger. Seit der Saison 2019/20 sind sie das Kommentatoren-Duo des TSV 1860 München. Vor dem Spiel gegen Türkgücü München im Olympiastadion habe ich mit den beiden gesprochen.

Über die Entstehungsgeschichte des Löwen-Radios, wie es ist in einem leeren Grünwalder Stadion zu kommentieren und was für die Mannschaft von Michael Köllner in dieser Saison noch drin ist.

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„Steinhart im Sechzehner, Flanke auf den zweiten Pfosten. Kopfball! T-O-O-O-O-R für die Löwen! Richy Neudecker! Kopfballtor!!“, brüllte Jan Mauersberger in sein Mikrofon. „Und da sind die Löwen wieder in Führung!“, kommentierte er den Treffer in der 64. Minute zum 3:2-Endstand gegen den SC Verl am 31. Spieltag.

Gerade in Zeiten wie diesen ist das Löwen-Radio um Gilbert Kalb und Jan Mauersberger vermutlich gefragt wie nie. Seit über einem Jahr dürfen die Fans pandemiebedingt nicht ins Stadion. Die beiden Moderatoren berichten live aus dem Grünwalder Stadion – und ab und an von Auswärtsspielen auch aus dem eigenen Wohnzimmer.

Löwen-Radio will „so viele Löwenfans wie möglich erreichen“

„Seit Beginn der Pandemie ist die Nachfrage sehr gestiegen“, erzählt mir Gilbert. „Beim ersten Spiel nach der Pause im Frühjahr 2020 gegen Duisburg waren wir bereits vor Spielbeginn an der Auslastungsgrenze unseres Streams. Damals waren das 2000 Spots. Gebraucht hätten wir über 6000, um alle Fans zu versorgen.“ Direkt im Anschluss sei man die Thematik mit dem Streamingpartner angegangen. „Noch einmal passiert uns das also nicht.“

„Den Fußball über emotionale Kommentation nach Hause zu den Fans zu bringen“, ist das Ziel von Gilbert und Jan. Dabei wollen sie „so viele Fans wir möglich erreichen“. Und allein die Zahlen der ersten Saison, in der das Löwen-Radio die Spiele begleitete, konnten sich sehen lassen. Durchschnittlich hörten dem Kommentatoren-Duo 3.685 Unique User pro Live-Übertragung zu. Nach oben seien der Hörerzahl keine Grenzen gesetzt, erklären mir die beiden. „Dass das Radio für viele Fans eine Lücke schließt, merken wir auch an den globalen Zugriffen unserer Streams. Da ist zu jedem Spiel jeder Kontinent vertreten“, sagt Gilbert.

Gilbert Kalb: „Versuchen die Spiele so emotional wie möglich zu übertragen“

Indes herrscht bei den Spielen im Grünwalder Stadion „gespenstische Stille“, wie es Gilbert ausdrückt, was einen „großen Unterschied“ zu Zeiten vor der Pandemie ausmache. Plötzlich sei man selbst auch im Stadion zu hören. „Sprechpausen, die sonst von der Geräuschkulisse eines vollen Grünwalder Stadions gefüllt wurden, gibt es nicht mehr. Das sorgt in der ein oder anderen Situation schon mal dafür, dass sich ein paar Köpfe zu uns umdrehen“, sagte Gilbert.

Der Motivation schade das jedoch nicht. „Wir versuchen die Spiele immer noch so emotional wie möglich zu übertragen und den Fans den richtigen Eindruck aus dem Stadion zu vermitteln.“ Und schwer, das ist klar, wenn man Gilbert und Jan einmal beim Kommentieren lauscht, fällt ihnen das nicht.

Jan Mauersberger blieb TSV 1860 nach Karriere-Ende treu – „Löwen-Radio war mein erstes großes Projekt“

Jan Mauersberger, der seine aktive Profikarriere nach der Saison 2018/19 beim TSV 1860 München beendete, ist dem Verein seither treu geblieben und leitet unlängst die Marketingabteilung. „Ich hatte meinen Vertrag schon dementsprechend ausgerichtet, während meiner letzten Jahre zu studieren und dann nach dem Studium direkt auch bei Sechzig in der Geschäftsstelle anzufangen.“ Während seiner letzten Saison als Profi absolvierte er ein neun Monate langes Praktikum in der Marketing-Abteilung. „Und dann bin ich eben zum 1. Juli 2019 nicht zum Trainingsstart, sondern einfach hier ins Büro zurückgekommen“, erzählt mir Jan.

„Das Löwen-Radio war auch gleich mein erstes großes Projekt“, sagt er. Sebastian Weber sei mit der Thematik auf ihn zugekommen und erklärte, dass aus dem Umfeld der Wunsch herangetragen worden sei, ein solches Radio umzusetzen. „Das fand ich natürlich eine gute Idee. Und als ehemaliger Spieler habe ich auch die Hoffnung gehabt, die Bekanntheit des Radios als Co-Kommentator zu steigern.“

So entstand kurz vor dem Beginn der Saison 2019/20 schließlich der Kontakt zu Gilbert Kalb. „Eingefädelt hatte das unser Vizepräsident Hans Sitzberger“, erzählt er mir. Nach zwei Treffen mit Jan und 1860-Pressesprecher Rainer Kmeth stand dem Löwen-Radio nichts mehr im Wege.

„Geredet, oder nennen wir es gefachsimpelt, habe ich während den Spielen schon immer auch mit meinem Papa und meinem Bruder“, erzählt mir Gilbert, der seit seiner Kindheit Löwen-Fan ist. „Jetzt rede ich eben in ein Headset und spreche zu 3000 bis 4000 Löwenfans“, sagt er lachend.

Kommentator Gilbert Kalb: „Das Familiäre, für das die Löwen so bekannt sind, ist immer noch da“

Besonders das Vertrauen von Seiten des TSV 1860 habe ihn sehr positiv überrascht. „Ich war ja ein komplett neues Gesicht und habe das nicht gelernt, trotzdem hat man mir vertraut und mir die Chance gegeben, das zu machen. Dafür bin ich bei jedem Spiel aufs Neue dankbar“, sagt er und weist in diesem Sinne auf die Rolle des Radios in der Außendarstellung des Vereins hin. „Hinzu kommt: Es ist live und Gesagtes lässt sich nicht so schnell korrigieren. Da ist Vertrauen wichtig“, weiß Gilbert, der nicht zuletzt durch seine Tätigkeit als Kommentator beim Radio Oberwiesenfeld, dem Fanradio des EHC Redbull München, auch einiges an Erfahrung mitbringt.

Der Blick hinter die Kulissen des TSV 1860 München sei neu für ihn gewesen. „Da wird man dann auch schnell wieder zum Fan und steht mit großen Augen und offenem Mund da, wenn einem zum Beispiel aktuelle oder ehemalige Spieler über den Weg laufen“, verrät er mir. Daneben seien beim Kommentieren auch schon etliche Highlights entstanden. So nennt Gilbert beispielsweise das Elfmeterschießen im Toto-Pokal gegen die SpVgg Unterhaching oder die beiden Last-Minute-Siege gegen Chemnitz oder Duisburg. Jan ergänzt: „Aber ein ganz besonderes Spiel war auch das allererste gegen Münster.“

Löwen-Radio: „Das wird noch ein ganz spannender Endspurt in der dritten Liga“

Mit großen Schritten geht es mittlerweile geradewegs auf die dritte Saison des Löwen-Radios zu. Indes trifft der TSV 1860 am 32. Spieltag der Saison 2020/21 auf Türkgücü München. Live aus dem Olympiastadion werden Gilbert und Jan das Spiel am Samstag kommentieren.

Aktuell steht das Team um Kapitän Sascha Mölders auf dem vierten Platz. Nur vier Punkte trennen die Löwen vom dritten und zweiten Platz, fünf Punkte fehlen zum Tabellenführer. „Man hofft und bangt mit den Jungs von Michael Köllner und schaut natürlich auch auf die anderen Ergebnisse. Und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, in dieser Saison ist gar nichts mehr drin“, so Jan. „Ich hoffe natürlich schon, dass wir zumindest noch einmal für ein wenig Spannung sorgen können. Auch bis zum letzten Spieltag gerne.“

Zum Abschluss der Saison wird man auf den direkten Konkurrenten FC Ingolstadt 04 treffen. „Auswärts in Ingolstadt und man hat dann noch die Möglichkeit aufzusteigen, das wäre natürlich eine Sensation“, so Jan. Und auch Gilbert glaubt noch „an den großen Wurf“, wie er es nennt. „Die Mannschaft hat das Zeug dazu und scheint gerade jetzt im Endspurt noch einmal anzuziehen. Das wird noch ein ganz spannender Endspurt in der 3. Liga“, ist der Löwen-Kommentator überzeugt.